Stresstest für SAP-Berechtigungen

| Autor/in:Marcus Herold
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Praxisnahe Simulation von Missbrauchsszenarien

1. Zielsetzung des Stresstests

Der Stresstest verfolgt das Ziel, Sicherheitsrisiken nicht nur abstrakt zu beschreiben, sondern ihre praktische Relevanz aufzuzeigen. Während klassische Prüfungen potenzielle Konflikte dokumentieren, liefert der Stresstest konkrete Nachweise für Missbrauchsmöglichkeiten.

Die Zielsetzung lässt sich in drei Ebenen zusammenfassen:

  • Identifikation von Schwachstellen, die bei statischen Analysen verborgen bleiben
  • Prüfung der praktischen Ausnutzbarkeit von Rechten und Rollen
  • Aufbereitung von nachvollziehbaren Beweisen, die im Management Wirkung entfalten

Besonders wertvoll ist der Stresstest, wenn es um die Kommunikation mit nicht-technischen Entscheidern geht. Während abstrakte Berechtigungslisten häufig nicht verstanden werden, zeigen Screenshots und konkrete Fallbeispiele sehr anschaulich, wo Risiken bestehen und wie diese im Alltag ausgenutzt werden könnten.

2. Vorgehensweise

Die Durchführung des Stresstests erfolgt in mehreren Schritten. Die Methodik verbindet analytische Verfahren mit der Simulation praktischer Angriffsszenarien.

2.1 Voranalyse

Zu Beginn werden die relevanten Rollen und Benutzer ausgewählt. Typische Kandidaten sind Administratoren, Entwickler, Key User sowie Mitarbeiter in Finanz- und Personalabteilungen. Die Analyse der Berechtigungsstrukturen erfolgt anhand von Tabellen wie AGR_1251, AGR_USERS und TSTCT. Ziel ist die Identifikation potenziell kritischer Transaktionen und Tabellenzugriffe, die im Test nachgestellt werden.

2.2 Simulation realistischer Angriffsszenarien

Nach der Voranalyse werden konkrete Missbrauchsszenarien im Testsystem durchgeführt. Dazu wird ein Testbenutzer mit denselben Berechtigungen wie ein echter Produktivbenutzer verwendet.

Typische Tests umfassen:

  • Manipulation von Zahlungszielen über Customizing-Felder wie LFA1-LNRZA (abweichender Zahlungsempfänger) oder LFA1-XZEMP (individueller Zahlungsempfänger im Beleg).
  • Änderungen an Stammdaten, etwa das Hinterlegen eigener Bankverbindungen.
  • Durchführung unkontrollierter Zahlläufe (F110).
  • Öffnen von Buchungsperioden (OB52).
  • Massendownload sensibler Daten über SE16N oder Eigenentwicklungen.
  • Ausführung von Programmen mit potenziell destruktiver Wirkung (z.B. SAPF019)

Diese Beispiele zeigen die Bandbreite möglicher Angriffspfade. Entscheidend ist, dass die Simulation nicht nur die Existenz von Berechtigungen prüft, sondern deren konkrete Auswirkungen im Geschäftsprozess.

2.3 Dokumentation

Alle durchgeführten Schritte und Ergebnisse werden systematisch dokumentiert. Neben der Risikobeschreibung werden Beweise wie Screenshots eingefügt. Die Dokumentation enthält außerdem eine Kritikalitätsbewertung sowie Handlungsempfehlungen.

2.4 Ableitung von Maßnahmen

Aus den Ergebnissen werden Maßnahmen abgeleitet. Dies reicht vom Entzug einzelner Rechte über die Anpassung des Rollenmodells bis hin zur Implementierung zusätzlicher Kontrollen. Auch organisatorische Maßnahmen wie verstärkte Überwachung oder Sensibilisierung von Mitarbeitern können Teil der Empfehlungen sein.

3. Einordnung typischer Risiken

Die in den Simulationen identifizierten Schwachstellen lassen sich übergeordnete Risikokategorien zuordnen. Dadurch entsteht eine strukturierte Sicht auf die potenziellen Auswirkungen:

  • Finanzielle Risiken: Manipulationen in Zahlungsprozessen, Bilanzverfälschungen oder das Umleiten von Zahlungen können direkte monetäre Schäden verursachen.
  • Datenschutz- und Compliance-Risiken: Unautorisierte Zugriffe auf personenbezogene Daten wie Gehaltsinformationen oder Gesundheitsdaten führen zu Verstößen gegen DSGVO und andere regulatorische Anforderungen.
  • Betriebsrisiken: Sabotagehandlungen oder Manipulationen an Stammdaten und Systemeinstellungen können Geschäftsprozesse erheblich stören oder zum Stillstand bringen.
  • Reputationsrisiken: Bekanntwerden von Datenabflüssen oder Betrugsfällen wirkt sich negativ auf Vertrauen von Kunden, Lieferanten und Investoren aus.

Diese Kategorisierung macht deutlich, dass die im Stresstest aufgezeigten Schwachstellen nicht nur technische Probleme darstellen, sondern unmittelbare Auswirkungen auf Finanzen, Rechtssicherheit, Betrieb und Reputation haben.

4. Nutzen und Mehrwert

Der Nutzen des Stresstests liegt vor allem in der zielgruppengerechten Aufbereitung der Ergebnisse. Die Mehrwerte lassen sich entlang der wichtigsten Stakeholder beschreiben:

  • Für die IT-Sicherheit liefert der Stresstest konkrete Hinweise, welche Schwachstellen im Berechtigungswesen tatsächlich ausgenutzt werden können. Dadurch können gezielte technische Maßnahmen priorisiert werden.
  • Für die Interne Revision stellt der Bericht nachvollziehbare Prüfungsnachweise bereit. Dies erleichtert die Kommunikation gegenüber Aufsichtsgremien und externen Prüfern.
  • Für das Management bietet der Stresstest anschauliche Belege für Risiken, die sonst oft abstrakt bleiben. Dies unterstützt fundierte Entscheidungen über Investitionen in Sicherheit und Kontrollen.

Besonders im Zusammenspiel mit klassischen Berechtigungsanalysen entsteht so ein vollständiges Bild: Während Analysen theoretische Risiken aufzeigen, macht der Stresstest deren praktische Bedeutung sichtbar.

Fazit

Der Stresstest für SAP-Berechtigungen ist ein wirksames Instrument zur Aufdeckung verborgener Risiken. Er verbindet analytische Methoden mit praktischen Angriffssimulationen und zeigt damit, welche Gefahren tatsächlich bestehen. Die Ergebnisse sind nachvollziehbar dokumentiert und liefern konkrete Handlungsoptionen. Damit entsteht eine fundierte Basis für die Optimierung des Berechtigungskonzepts und für die Stärkung des internen Kontrollsystems.

Infokasten

Der Stresstest für SAP-Berechtigungen kombiniert klassische Analysen mit praktischen Angriffssimulationen. Er zeigt nicht nur theoretische Risiken, sondern verdeutlicht anhand greifbarer Beispiele die tatsächliche Bedrohungslage. Durch die anschauliche Dokumentation wird eine Brücke zwischen technischer Analyse und Management-gerechter Risikoaufbereitung geschlagen.

Kernaussagen des Stresstests:
• Praktische Simulation ergänzt klassische Berechtigungsanalysen
• Aufdeckung von Missbrauchsszenarien mit hoher Management-Wirkung
• Dokumentation mit Screenshots und nachvollziehbaren Beispielen
• Grundlage für Optimierung von Berechtigungskonzept und IKS

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